Der Umgang mit Ängsten bei Hunden ist sehr individuell und teils eine echt Gratwanderung. Es gibt Hunde, die nur so vor Selbstbewusstsein und Tiefenentspannung strotzen. Denen kein Auto, kein Staubsauger und auch keine Silvesterrakete auch nur einen Hauch Ängstlichkeit einflößen könnte.
Dann gibt es da aber noch die andere Fraktion von Hunden. Diejenigen, die schlechte Erfahrungen gemacht haben oder nie an laute, plötzliche Geräusche gewöhnt wurden. Hunde, die bei Lautstärke und ungewohnten Geräuschen ängstlich werden.
Inhalt
Wie zeigt sich, dass mein Hund Angst vorm Staubsauger hat?
Wie die Angst des Hundes vor dem Staubsauger aussieht, zeigt sich sehr unterschiedlich. Es hängt natürlich auch davon ab, wie ängstlich der Hund allgemein ist, ob er speziell mit dem Staubsauger schlechte Erfahrungen gemacht hat oder allgemein eher der vorsichtige Typ ist usw..
Angst zeigt sich bei Hunden vor allem durch folgende Zeichen:
- eingezogene Rute
- generell niedrigere Körperposition
- Anlegen der Ohren
- Hecheln
- Zittern
- Verkriechen / Verstecken (Fluchtverhalten)
- körperliche Anspannung
- Übergang in ein Angriffsverhalten
- …
Während mein Rüde eher der „Fluchttyp“ ist, reagiert meine Hündin in Situationen, in denen sie geängstigt ist, eher mit einem Angriffsverhalten. Das war zu Beginn unseres Zusammenlebens auch in puncto „Staubsauger“ zu bemerken.
Begann ich mit dem Saugen, legte sie die Ohren an und wurde leicht angespannt. Kam ich mit dem Staubsauger weiter in ihre Nähe wurde dieser irgendwann angegriffen.
Unsere Staubsauger-Angst-Geschichte
Wie kann man so eine Situation für das Wohlbefinden des Hundes auflösen?
Mein erster Schritt war, mit meiner Hündin am Vertrauen zwischen ihr und mir zu arbeiten. Schließlich kam sie aus dem Tierheim, kannte mich kaum, befand sich in neuer Umgebung und dann noch dieses laute Ding, das alle paar Tage an ihrem Rückzugsort vorbeifuhr (=Staubsauger).
Die Vertrauens- und Beziehungsarbeit mit dem Hund beginnt jedoch nicht beim Staubsaugen, sondern im Alltag mit deinem Vierbeiner. Um Saugen zu können, ohne meine Hündin weiterhin diesem lauten Sauger auszusetzen, verschob ich das Saugen vorerst auf Zeitpunkte an denen sie nicht in der Wohnung war.
Anschließend ließ ich den Staubsauger öfter mal in der Nähe ihres Hundebetts liegen oder stehen – mal näher dran, mal weiter weg. Ganz belanglos und selbstverständlich. Sie beschnupperte ihn, nahm ihn zur Kenntniss und das war es dann auch. Das machte ich einige Wochen bis ihr das Ding offensichtlich egal war.
Mein nächstes Ziel war dann, dass sie ruhig und entspannt in ihrem Hundebett liegen blieb auch wenn ich die Wohnung saugte. Das führte ich in mehreren Schritten durch. Erst saugte ich alle anderen Zimmer außer das in dem sie lag. Blieb sie entspannt, ging ich anschließend mit einem Leckerchen zu ihr und bestätigte sie freudig mit der Leckerei und Zuspruch.
Mal um Mal rückte ich ihr mit dem Staubsauger etwas näher. Erst saugte ich nur das erste Viertel des Raums. Ein paar Tage später dann die Hälfte des Raumes. Und wieder ein paar Tage später kam ich bis auf ein paar Meter an sie heran. Und immer wieder das gleiche Prozedere: Sie im Blick behalten, ob sie entspannt blieb und wenn dem so war, wurde dieses Verhalten von mir bestätigt. Mir war wichtig, dass ich ihre Grenze ganz genau im Blick behielt und nicht wieder erst eine Situation herauf beschwor, in der sie meinte, den Staubsauger angreifen zu müssen.
Heute bleibt sie entspannt in ihrem Hundebett liegen und der laute Staubsauger darf drumherum fahren und saugen, ohne dass er direkt auseinander genommen wird 🙂 Ein großer Erfolg für uns.
Gewöhnung durch Selbstverständlichkeit, Souveränität und Training
Einerseits muss der Angstauslöser im Training eine Rolle spielen. Der Hund sollte aber nicht überfordert und noch mehr geängstigt werden. Das ist leider häufig einer der Fehler, den viele Hundehalter machen, wenn sie die Ängstlichkeit des Hundes „bearbeiten“ wollen.
Als Mensch sollte man sich vergegenwärtigen, dass der Hund erst einmal gar keine Ahnung hat, warum dieses laute Ding durch die Wohnung fahren muss. Und als Mensch kann ich das dem Hund auch schlecht erklären. Also muss mein Hund in ganz kleinen Schritten erlernen, dass er vor diesem Ding keine Angst haben muss.
Um das aber erlernen zu können, muss ich als Mensch erst einmal eine vertraute und entspannte Basis schaffen. Bedeutet also im Umkehrschluss: wenn ich meinen Hund einer ständigen Konfrontation (=laufender Staubsauger) aussetze, wird sich nichts tun, außer dass die Problematik noch schlimmer wird.
Ich kann als Mensch aber folgende Dinge tun:
- Das Vertrauen zwischen Hund und mir im Alltag stärken.
Gemeinsames Üben und Trainieren, Agility, Rallye Obedience oder was auch immer stärkt die Beziehung zwischen dir und deinem Hund enorm – nutze die Kraft der gemeinsamen Erlebnisse mit deinem Hund. - Mit Souveränität und Selbstverständnis vorangehen.
Es ist für deinen Hund nicht hilfreich, wenn du selbst schon ängstlich vorangehst und ihm damit signalisierst „ohhh ohhh…jetzt passiert aber gleich was ganz gruseliges“. Ein echter Teufelskreis, in dem ich mit meiner Hündin in Sachen Hundebegegnungen schon ganz tief drin steckte. Dein Hund ist nicht doof und bemerkt sofort, wenn du Unsicherheit und Angst zeigst. Also geh mit gutem Beispiel voran. - Trockenübungen für den Lerneffekt
Hunde lernen im entspannten Zustand. Wenn es bei deinem Hund also möglich ist, dann leg den Staubsauger irgendwo in die andere Ecke des Zimmers, in dem er sich sonst aufhält. Tag für Tag kannst du den Staubsauger dann etwas näher an ihn Rücken. So hat dein Hund die Möglichkeit, das „laute Monster“ im inaktiven Zustand zu begutachten, zu beschnuppern und einzuschätzen. Bestätige und ermuntere ihn, wenn er sich an den Staubsauger heran traut. Mach das so lange, bis er dem „Monster“ entspannt oder gar gleichgültig begegnen kann. Dein Hund soll in diesem Schritt lernen: „Ich muss keine Panik bekommen, sobald ich das Ding sehe, sondern kann hier ganz entspannt rumliegen.“ - Gewöhnung ohne Überforderung
In diesem Schritt beginnst du damit, deinen Hund, der ja nun weiß, dass der inanktive Staubsauger kein böses Monster ist, an den aktiven Zustand des Staubsaugers zu gewöhnen. Dazu kannst du beispielsweise damit beginnen, den Staubsauger anzuschalten und im Nebenraum liegen zu lassen. Behalte deinen Hund und dessen Reaktion im Blick und (ganz wichtig) gib deinem Hund die Möglichkeit, selbst zu entscheiden wie er reagiert. Wenn er liegen bleiben möchte, soll er das tun. Wenn er interessiert schauen möchte, kann er das auch tun. Dann solltest du ihn auch bestätigen. Halte ihn nicht fest und zwinge ihn zu nichts. Bemerkst du, dass dein Hund wieder unsicher und ängstlich wird, vergrößere den Abstand zwischen Staubsauger und Hund – beispielsweise indem du den Staubsauger noch ein paar Zimmer weiter weg bringst und dort laufen lässt. Verträgt dein Hund die Situation entspannt, kannst du in kleinen Schritten den Sauger näher rücken (Raum um Raum oder Meter um Meter).
Bitte denk daran, dass das alles seine Zeit braucht und meist eben nicht in wenigen Tagen oder Wochen erledigt ist. Hat dein Hund eine so große Angst, dass du ihm allein nicht helfen kannst, empfehle ich dir, einen erfahrenen Tiertrainer zu Rate zu ziehen.
Wenn du deinem Hund helfen konntest, freue ich mich auf dein Feedback in den Kommentaren. Wie habt ihr es geschafft und wie seid ihr vorgegangen?
Super Artikel!!!
Vielen Dank dafür